„Der Esel steht“ – Ein Eselbuch

Es ist nicht das schicke, vor dem Hotel geparkte Auto, was mich mit Stolz erfüllt. Nein, es ist der Esel in seiner Koppel hinten auf dem Hof. Narcisse hebt den Kopf, dreht die Ohren in meine Richtung und stimmt ein freudiges I-Ahhhh an. Mein Esel und ich, wir sind zwar sicher nicht die Schnellsten auf unserem Weg durch Südfrankreich, doch die gemeinsame Zeit steckt voller Abenteuer und Leidenschaft. Momentchen noch! Gleich bin ich bei dir, werde dich strigeln und bürsten, dir eine Möhre spendieren um mich anschließend entschleunigen zu lassen. Gemütlich treiben wir dahin und erfreuen uns, jeder auf seine Weise, an der wundervollen Landschaft – ich mit den Augen, mein Esel mit seinem Bauch. Mein Gott, er hat Großteile der Landschaft aufgefressen. Es sind nicht die zurückgelegten Kilometer, die den Reichtum des Erlebten ausmachen … nein, es ist die Unmittelbarkeit des Erlebten. Zu Fuß durch die Cevennen. Wie 138 Jahre vor mir Robert L. Stevenson. Das Abenteuer meines Lebens.

Und jetzt ist daraus ein Buch geworden. Ein kleines Reiseabenteuer, welches hoffentlich ansteckend wirkt. Welches mit etwas Glück neugierig auf die Langsamkeit macht. Erschienen bei HOLIDAY Reisebücher (Graefe und Unzer Verlag GmbH, München).

Schon als Kind mochte ich Reiseabenteuer und mit Wonne verschlang ich „Nils Holgersson“, „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ oder „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“. Später entdeckte ich im Bücherschrank der Eltern Humboldts „Reise zum Orinoco“ und die „Wundersamen Abenteuer des Caspar Schmalkalden“ (Ost/West Indien). Bis meine Mutter mir eines Tages ein kleines Büchlein von Robert L. Stevenson – den kannte ich durch „Die Schatzinsel“ – in die Hand drückte: „Reise mit dem Esel durch die Cevennen“. Wunderbar, das wollte ich auch. Allerdings vergaß ich in meinem jugendlichen Leichtsinn, daß eine Reise durch Südfrankreich für einen DDR-Bürger wenigstens so utopisch war wie eine Reise zum Mittelpunkt der Erde. Jedenfalls solange man noch keine 65 war.

Zum 50. Geburtstag war es dann so weit. Endlich konnte ich mir einen meiner größten Herzenswünsche erfüllen und zusammen mit einem Esel durch Südfrankreich wandern. Narcisse, so hieß mein eigenwilliger, vierbeiniger Begleiter, wandelte sich dabei vom Esel zum Freund. Gemeinsam, Seite an Seite, durchstreiften wir eine wundervolle Landschaft und teilten uns die Abenteuer.

Das Buch richtet sich an alle, die auf der Suche nach neuen Ideen und Urlaubskonzepten sind. Dringend benötigen wir Alternativen, die dafür sorgen, daß Mensch, Tier und Natur sich wieder näher kommen und es spielt keine Rolle, ob der Esel am Ende ein Esel oder ein Lama oder ein Planwagen mit Kaltblut davor ist. Wichtig allein ist die Alternative und in Zukunft werde ich regional, ohne einen dicken CO2-Fußabdruck zu hinterlassen, in Begleitung meines Esels durch Brandenburg und die Uckermark spazieren. Vor der Haustür, gelassen und in aller Ruhe. Nachmachen erwünscht. Und auch wenn so manch leidgeprüfte Ehefrau einwenden wird, sie wandere ja immer mit einem Esel, wenn sie wandere … glauben Sie mir, einen Esel mit vier Beinen kann nichts ersetzen.

Narcisse war und ist die Tücke des Objekts. Mal schnell, mal langsam, eigenwillig und immer für eine Überraschung gut, war er nicht der tierische Diener meiner Reise. Nein! Er war über weite Sttrecken hinweg der gleichberechtigte Patner dieser Tour. Nie würde ich von einem Tier erwarten, daß es mir bedingungslos immer und überall hin folgt. Das Nein-sagen des Esels als Tugend zu begreifen ist ein Lernerfolg der ganz besonderen Art.

Narcisse und ich, wir sind ein ganz besonderes Team und natürlich kann ich mich, wenn wir gemeinsam laufen, auf meinen Esel verlassen. Wir sind aneinander gewöhnt und ich weiß, wie sehr mir der Esel vertraut. Doch ich habe versucht zu beschreiben, wie man sich als Wanderer/Wanderin vielleicht fühlt, was man erleben kann, sollte man alleine mit einem Esel unterwegs sein. Die Schwierigkeiten dieser Kombination (für einen zudem ausgesprochen Esel problematisch – Esel sind Herdentiere) durften nicht unerwähnt bleiben. Es ist eine langsame Annäherung. Stück für Stück kommt man vorwärts, Stück für Stück kommt man sich näher.

Und niemals, wirklich NIEMALS, sollte man die 1Mensch-1Esel Wanderung ohne Vorbereitung starten. An diesem Punkte bleibt wirklich nur zu hoffen, daß sich KEIN Eselvermieter findet, der so etwas unterstützt. Üben Sie! Laufen Sie vorab kleine Tagestouren. Zu Anfang geführt und in Gruppe. Überlegen Sie, ob es nicht doch schöner ist zusammen mit Freunden oder der Familie und ein/zwei Eseln zu wandern. Diese Varianten sind für alle Beteilgten die bessere Alternative. Und wenn Sie am Ende einer guten Vorbereitung doch eine Wanderung allein mit Esel unternehmen möchten, dann akzeptieren Sie die Einsprüche des Esels. Seien Sie gut zu Ihrem Wandergefährten. Es lohnt auf jeden Fall.

Wer bin ich? Ich bin auf den Esel gekommen und die Stationen bis zu diesem Punkt waren vielfältig und oft ging es nur langsam vorwärts. Gelernter Tischler, Tätigkeit als archäologischer Ausgrabungstechniker, gelernter Kameraassistent, Bildjournalist für die Berliner Zeitung, abgeschl. Studium Kulturwissenschaft/Gender Studies an der HU-Berlin, Coach i.d. Jugendförderung, Hobbyparfumeur und Busfahrer. Esel.

Fundstücke – „Mein Esel Benjamin“

Alte Freunde aus Jugendtagen wiederfinden ist eine schöne Sache und spannend ist es, die vielen Erlebnisse auszutauschen, welche ein jeder von uns bisher machte. Wer hätte gedacht, daß die Freundin aus Jugendzeiten seit jeher einen Hang zu Eseln hat.

Ein Gruß mit Esel(buch) zum Wochenende aus München.

„Mein Esel Benjamin“ von Hans Limmer (der lebte von 1926 bis 2015), ist ein Erzähl-Foto-Kinderbuch, welches ursprünglich im Hanns Reichverlag erschien. Also da bin ich sicher und wenn ich mich recht an die Fotos von Lennart Osbeck erinnere und die ganze Aufmachung anschaue, dann würde ich die erste Auflage irgendwo Anfang der 70er Jahre einordnen.

Das Kinderbuch wurde in zig Sprachen übersetzt und erschien in unzähligen Auflagen. Vor vielen Jahren entdeckte ich es bei Bekannten im Bücherregal und konnte darin herumblättern. Längst vergessen war die Geschichte inzwischen. Und schwupp, ganz plötzlich, ist dieses Buch Teil einer schönen Erinnerung … Freude über eine wiedergefundene Freundin.

Und die Geschichte? Im Schnelldurchlauf und sicherlich sehr lückenhaft, geht es um ein kleines Mädchen (Susi?), die zusammen mit ihren Eltern in einem Dorf lebt. Eines Tages findet die Familie einen kleinen Esel, der sich zwisch Steinen verfangen hat. Der Esel wird befreit, zu Hause mit der Flasche großgezogen, auf den Namen Benjamin getauft und als Familienmitglied betrachtet. So weit so gut. Doch eines Tages läuft der Esel weg und das Mädchen folgt ihrem Freund. Sie spürt ihn auf und nun ziehen beide gemeinsam los, verlaufen sich und die Kleine findet nicht den richtigen Weg zurück. Kein Problem! Der Esel kennt den Weg und kurze Zeit später sind alle wieder wohlbehalten zu Hause.

Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist die Erzählung ein Teil der Geschichte von Familie Limmer. Schöne Geschichte. Danke Karin.