Eselwanderung mit Ruhresel.de

EIN ERFAHRUNGSBERICHT

Auch hierzulande sind die Möglichkeiten für Eselwanderungen vielfältig und das Eselbook freut sich, heute RUHRESEL vorzustellen. Ein Erfahrungsbericht von Freunden des Eselbooks.

Mit Eseln läuft die Zeit langsamer – irgendwie – und am liebsten möchte ich auch einen Esel. Aber das waren nur die Erkenntnisse des Tages. Von Anfang an…

„Robert hatte gestern Geburtstag. Er hatten das Eselbook als Buch-Ausgabe zu Weihnachten bekommen. Wie sich jedoch herausstellte, war Robert schon seit Ewigkeiten großer Eselfan und wusste über Esel viel mehr als wir. Eigentlich wollte nur ich (die Autorin) eine Eseltour bei Sabrina von Ruhresel buchen. Und nun hatte Robert die Idee anlässlich seines Geburtstages aufgenommen.

Da waren wir also. Die ganze Familie traf sich zum Frühstück auf Sabrinas Hof – wo die Esel schon auf uns warteten. Ich wusste gar nicht, dass Esel so neugierig und verschmust sind. Nach der Begrüßung machten sich die Menschen im Gänsemarsch zum unteren Feld auf. Sabrina versprach, dass die Esel uns hinterher kommen würden und es dauerte wirklich nur einen Moment und dann liefen sie uns nach.

Wir durften sie mit Bürsten etwas putzen, und Sabrina erklärte uns alles über ihre Esel: Ihr Wesen, ihre Vorlieben, Sprache, wie mit ihnen umzugehen ist, wie sie zu führen sind. Dann bekamen die Esel bekamen ihr Halfter um und schon konnte es losgehen. Jedem Esel wurden zwei Menschen zugeteilt, einer davon führte den Esel – so der Plan. Ich führte Mathilde (die Wilde). Mathilde ist die Älteste der vier Esel und läuft gern vorn. Mathilde nascht auch gerne während der „Fahrt“.

Sogar Buchenblätter schmecken offenbar gut. Vielleicht sind sie auch nur gut in Esels Höh. Ist man einen Moment unaufmerksam und läuft gemütlich vor sich hin, nutzt der Esel die Situation sofort aus und zieht zum frischen Grün. Es ging bergauf und bergab. Bei letzterem musste man vor dem Esel gehen, da er so sonst gern in den Trab überginge. Auch bei Wiesen neben den Wegen war Konsequenz gefragt, da einmal Esel auf Wiese, ewig Esel auf Wiese hieße. Wir erwiesen uns alles in allem als gute Eselführer, nur hin und wieder gewann die Eselnase und erhaschte Grasbüschel und Blümchen am Wegesrand, auch wenn es nicht des Menschen Plan war.

Zum Ende hin gewann allerdings der Übermut über Mathilde Oberhand, und sie meinte nicht mehr hören zu wollen.

Sabrina musste einschreiten und konnte uns so noch präsentieren, wie man Eselübermut einfach aussitzen muss. Dies kann allerdings dauern. Geduld, und nicht Gewalt, hilft hier.

So lernt der Mensch Gelassenheit – Termine, Eile, Stress und Esel passen nicht zusammen. Mathilde erdete sich so wieder, und die letzten Meter waren problemlos. Zum Abschluss der kleinen Wanderung gab es noch Kaffee und Kekse für die Menschen und Heu für die Esel. Wir saßen noch fröhlich beisammen und philosophierten über Esel – die Esel waren immer zwischen uns und ließen sich reihum kraulen. Wer hätte gedacht, dass diese Tiere so lieb und menschenbezogen sind und einen Eselfreund als Sozialpartner haben. Irgendwie ist es dann doch ziemlich einfach, sich in einen Esel einzudenken – man muss sich nur darauf einlassen. Danke Robert, danke Sabrina. Schön war es. Ich will auch einen Esel.“

www.ruhresel.de von

Von Eselwanderung über Eselyoga und tiergestützter Therapie und Intervention. Dipl. Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin Sabrina Alexander erreichen Sie über ruhresel.de

Auf nach Hattingen.

Eselwanderung – Beweggründe & Bewegung – Auf den Spuren von Robert Louis Stevenson

Gedanken zu Anfang und eine Antwort auf die Frage, warum einer mit einem Esel wandern möchte.

Schatten schmal.
Eine Reise zum Geburtstag, eine Wanderung ganz allein, nur in Begleitung eines Esels. Das Tier als Gesellschaft und Weggefährte, schweigend und doch nicht still. Schon immer hielt ich Distanz für einen Zivilisationsgewinn und suchte mir Orte zum träumen. Fluchtmöglichkeiten für die Gedanken und kein Wort der Ablenkung, Robinson Crusoe als Abenteuer und Idee, vielleicht auch Vorbild und Anleitung für das eigene Leben. Es hätte, aus der Sicht eines Jugendlichen der in der DDR aufwuchs, sicher realistischere Ziele gegeben. Doch es waren in Jugendtagen genau diese Bücher, die mich faszinierten und gedanklich zum Reisenden machten. Kapitän Nemo des Kinderzimmers und später Alexander v. Humboldt am Orinoko. Heute hier und morgen da, manchmal allein und dann wieder mit Freunden. Noch nie konnte ich mich für eine Sache entscheiden und bis heute erhielt sich der Wunsch, selbständig die Richtung bestimmen zu können, mir nicht in Wege und Ziele hineinreden zu lassen – was auch für die Gedanken gilt. Das zeitlich begrenzte Alleinsein, und damit verbunden die Stille, ist eine große Verlockung, der ich hin und wieder erliege. Dann schnappe ich mir mein Surfboard, halte das Segel in den Wind und gleite weit hinaus auf die Ostsee. Oft weiter, als klug und vernünftig wär. Doch auf jedes bestandene Abenteuer folgt unausweichlich die Gewißheit, daß das Leben weitergeht. Vielleicht ein wenig beglückter, weil es gelang, der Begrenztheit zu entfliehen und Kolumbus gleich etwas entdeckt zu haben. Ist doch jede Wanderung, jede Reise, jedes noch so kleine Abenteuer, welches uns in Bewegung versetzt und hält, ein Stück erlebte Kulturgeschichte. So lange die Fremde uns anzieht und wir das andere mit Interesse verfolgen, wir neugierig sind – besonders im Geiste -, folgen wir oft einer inneren Bestimmung und werden schnell bemerken, wie leicht es sich denken läßt, wenn wir gehen, die Orte wechseln. Rousseau gar gestand, nur beim gehen denken zu können und wer ohne Hintergrundbeschallung in freier Natur läuft, wird wissen, daß nicht nur die Füße sich bewegen. Wir gehen im Geiste und gehen völlig befreit. Abenteuer und Reise in einem, auf Bewegung folgt Neues, bleiben viele Erinnerungen und für lange Zeit das Wohlgefühl, etwas für uns selbst getan zu haben. Steckt doch in jeder freigewählten Bewegung die Chance, den Richtungszwängen des Alltags zu entfliehen und Neues stellt sich ganz automatisch ein. Es ist wie mit der Reduzierung der Dinge, die wir für eine Reise als wichtig erachten; am Ende bleibt, was wirklich wichtig ist, kommt mit, was unentbehrlich scheint. Glücklich ist, wer seine Beweggründe in Bewegung umsetzen kann. Dort sein zu können wo man gerade nicht ist, war schon immer eine große Verlockung und nachdem ich die übliche Jugendliteratur verschlungen hatte, fielen mir Linnés „Lappländische Reise“, Alfred Brehms Besuch bei den Kirgisen und Jakob von Tschudis „Reiseskizzen aus Peru“ in die Hände. Was trieb wohl Adalbert von Chamisso um die Welt und wer die „Wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden nach West-und Ostindien 1642-1652“ kennt, wird wissen, welches Staunen einen urplötzlich überfallen kann, wenn unser Geist mit Neuem konfrontiert wird. Mit der Entfernung von dem einen Ort hin zu einem anderen lassen wir zurück, was belastet und einengt, was uns auf der Seele liegt. In Ruhe denken zu können ist wie die Fortsetzung eines schönen Traumes, aus dem man zu früh gerissen wurde und der ohne happy end unvollendet blieb. Im Gehen stecken Loslösung und Abstand und schnell haben wir das Gefühl, nicht untätig zu sein. Nichts ist schlimmer als erstarrende Verhältnisse, die uns festhalten und zur Untätigkeit verdammen. So ähnlich hat es Robert Louis Stevenson (1850-1894) wohl empfunden, als er im September 1878 eine Eselin erwarb, sie Modestine nannte und am 22. September den kleinen Ort Le Monastir-sur-Gazeille in Richtung Saint-Jean-du-Gard verließ. Ablenkung und Trost suchte er, Ruhe für die Gedanken in der Zeit des Wartens, während die geliebte Funny auf dem Weg nach New York war, um die Scheidung von ihrem Mann zu erreichen. Bloß nicht untätig sein, sondern in Bewegung bleiben: „„Ich für meinen Teil, ich reise nicht, um irgendwohin zu fahren, sondern um zu fahren. Ich reise um des Reisens willen. Die große Sache ist, sich zu bewegen.“ Ein Jahr später erschien sein Bericht „Reise mit dem Esel durch die Cevennen“.

„In Le Monastir lebte ein alter Mann, nicht ganz richtig im Kopf, wie manche meinten, ständig von den Gassenjungen gehänselt, und überall als Vater Adam bekannt. Vater Adam besaß einen Karren und um selben zu ziehen eine winzige Eselin, sie nicht viel größer als ein Hund, mausgrau, mit freundlichen Augen und einem energischen Kinn. Das Vieh hatte etwas Adrette an sich, schien aus gutem Stall und war von einer puritanischen Eleganz, was mich auf der Stelle für sie einnahm.“

Über viele Jahre hinweg blieb die Erzählung im Bücherschrank, stand neben der „Schatzinsel“ und „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ und war mir nur hin und wieder einen Gedanken wert. Vergessen ausgeschlossen. Was blieb, war das Staunen, welches in Tagträumen oft vorweggenommen wird und was ganz real werden kann, wenn wir gehen und uns in der Natur bewegen. Und wenn wir aufhören, in allen Dingen und Unternehmungen einen Sinn zu suchen, werden wir am Ende etwas erhalten, was uns dieser ewigen Frage viel näherbringt – Sinnlichkeit. Gehen, sehen, stehen, ausruhen und essen, die frische Luft tief einatmen, ohne Störung den eigenen Gedanken folgen können und einfach so dahinlaufen, einem Rhythmus folgen, der durch die Landschaft und den Esel bestimmt, ja vorgegeben wird. Müßte der Kopf nicht nach einer gewissen Zeit zu Ende gedacht haben, was angedacht war? Wie wird es sich anfühlen, wenn man nur noch geht und im hier und jetzt in Begleitung eines Esels unterwegs ist?

Die Antwort darauf würde ich nur finden, wenn ich der Idee aus Jugendtagen folgend eine Reise mache – diese Reise – und der Wanderlust nachgebe. Wanderlust … selbst die Engländer haben dafür kein besseres Wort gefunden.