HENRY, Poitou-Esel, 3 Jahre alt, Buch A, 6 Punkte, kastriert.
Vater Copain (Poitou), Mutter Astuce (Poitou/Buch A, 5 Punkte)
Henry, aktueller Srandort Le Plagnal (Frankreich/ Le Mas Des Anes/ bei Marie-Ange Benoit), braucht ein neues Zuhause. Bei Interesse – der wunderschönes Esel soll verkauft werden – bitte direkt Kontakt zu Marie-Ange Benoit aufnehmen (Marie spricht französisch, deutsch, englisch):
LE MAS DES ANES, Mas Lasses, 07590 Le PLagnal, Frankreich, eMail: lemasdesanes@gmail.com homepage: www.lemasdesanes.com Tel. 0033.661816669
Oder was haben Shakespeare, Max Schwimmer, eine junge Künstlerin – nennen wir sie Paulina – und ich gemeinsam? Nun, vielleicht die Freude, den Esel irgendwie im Alltag zu verarbeiten. Jetzt aber erstmal einen Espresso, ein Stückchen Nougat und während ich es mir gutgehen lasse, empfehle ich meinen Lesern Google. Schauen Sie nach den Stichworten Max Schwimmer und Sommernachtstraum, dann gehen Sie auf Bildersuche und schon sollte sich das erste Geheimnis lüften. Voila, da haben wir den Esel. Zusammen mit einer schönen Frau ziert das Grautier ein Plakat, welches mein Großonkel Max Schwimmer 1956 für die Inszenierung des Sommernachtstraums an der Volksbühne Berlin als Aquarell zeichnete. Vielleicht ist meine Eselleidenschaft genetisch begründet? Jetzt Espresso.
Blogschreiben live und schnell im Flur ein Foto machen. Ich bin sogar der stolze Besitzer eines echten Max Schwimmer.
Aber nun weiter im Text. Schauen Sie auf die Illustration zu Shakespeares Sommernachtstraums und vielleicht werden Sie verstehen, warum es heute um diese Zeichnung geht, die ich aus Datenschutzgründen leider nicht zeigen kann (deshalb der Hinweis auf die Suchfunktion des Internets). Doch weil ich Aquarelle, Esel, schöne Frauen, Shakespeare und Komödien liebe, bat ich eine junge Künstlerin, mir ein Bild zu malen. Ein Bild, welches sich am Thema anleht und mich ganz leicht an Max Schwimmer erinnert. Danke Paulina Ra.
EIN SOMMERNACHTSTRAUM (im Schnelldurchlauf) ist eine Komödie von William Shakespeare. Geschrieben Ende der 1590er Jahre und bereits 1598 uraufgeführt. Der engl. Titel lautet A Midsummer nights dream. Ort der Handlung sind das antike Athen und ein naher, verwunschener Wald. Erzählt werden die Ereignisse dreier Tage und zweier Nächte rund um die Hochzeit des Herrscherpaares Theseus (als Herzog von Athen) und Hippolyta (einer schicken Amazonenkönigin). Womit wir schon zwei der Hauptfiguren hätten. Dazu kommen noch etliche Handwerker – die im Wald ein Theaterstück proben – und um die Verwirrung auf die Spitze zu treiben, mischen noch einige Elfen und Feen mit. Jetzt heißt es tapfer sein und aufgepaßt! Die Herrscher und Adligen: Theseus und Hippolyta hatten wir schon. Egeus, ein Edelmann, ist der Vater von Hermia. Lysander, auch ein Adelsmann, ist in Hermia verliebt. Allerdings möchte Hermias Vater Egeus seine Tochter lieber mit Demetrius verheiraten. Ich sags gleich dazu: solche Arrangement gehen nie gut aus. Hermia, wie sollte es anders sein, liebt Lysander. Während ihre Freundin Helena in genau den Demetrius verliebt ist, den Hermias Vater Egeus für seine Tochter … sagen wir mal präferiert. Na, alles klar? Und weil die handelnden Personen vermutlich selber nicht wußten, wer da wo und mit wem, gab es einen, der auf den ordnungsgemäßen Ablauf zu achten hatte: Philostrat, der Zeremonienmeister am Hofe.
Zeitgleich geraten sich Oberon (König der Elfen) und seine Gattin Titania in die Haare, Puck (ursprünglich von Shakespeare als Robin Goodfellow benannt) ist der Hofnarr Oberons, während Peaseblossom, Cobweb und Moth der Elfenkönigin Titania dienen. Das wird ein schönes Durcheinander geben. Aber ich mach erstmal mit den Handwerkern weiter. Zumal ich echt grad nicht sicher bin, ob das alles so stimmt. Aber egal. Es geht in Athen und im Wald derart durcheinander, da fällt das gar nicht auf.
Der Zimmermann (bei Shakespeare Peter Quince) spielt den Prolog, Nick Bottom von Beruf Weber tritt als Pyramus auf, Blasebalgflickerin Francis Flute gibt die Figur der Thisbe (also der Geliebten des Pyramus) und dann kommen noch Kesselflicker Tom Snout und Schneider Robin Starveling dazu – deren Aufgaben sind schwer zu beschreiben: Snout spielt die Wand, Starveling den Mondschein und schlussendlich gibt Snug der Tischler den Löwen.
Sie werden mir doch nicht schlappmachen?
Ich versuch mich zu beeilen. Versprochen. Also Theseus und Hipppolyta wollen heiraten und zwar so schnell wie möglich. Noch 4 Tage bis Neumond und voher soll alles erledigt sein. Philostrat, der Zeremonienmeister soll alles hübsch vobereiten. Ja, man muß auch delegieren können, wird Theseus sich da gesagt haben. Glauben Sie mir, nur wenig später wird er vermutlich gedacht haben wenn man nicht alles alleine macht. Jetzt tritt Egeus auf und der bringt seine Tochter Hermia sowie Lysander und Demetrius mit. Er will, daß Hermia den Demetrius heiratet, die Tochter weigert sich, weil sie Lysander liebt und im Zorn über den Ungehorsam der Tochter verlangt der Vater vom Herzog (Theseus) die Tochter nach Recht und Gesetz mit dem Tod zu bestrafen. Furchtbare Sitten waren das. Also Theseus stellt sich auf die Seite des Vaters und verlangt von Hermia, sie müssen sich binnen vier Tagen für Demetrius entscheiden, weil ihr sonst die Todesstrafe oder ein Leben in Verbannung drohen würde. Vor so viel Grausamkeit wollen Hermia und Lysander fliehen. Helena, Hermias in Demetrius verliebte Freundin, wird in den Plan eingeweiht – böser Fehler – und weiter gehts.
Im Wald proben die Handwerker. Nick Bottom der Weber wil alle Rollen spielen. Was natürllich nicht geht. Erstmal bis zum nächsten Abend die Rollen lernen. Derweil treffen sich Puck der Hofnarr und eine Fee im Wald, wo sie ordentlich über ihre Herrschaften herziehen. Dabei kommt raus, daß Elfenkönig Oberon ein Verhältnis mit der prallen Amazone Hippolyta hat und Theseus schon mehrfach Titania vernaschte. Im weiteren Verlauf der ganzen Geschichte soll Puck eine Blume besorgen, deren Saft eine Art Liebesraserei bewirkt. Einmal damit das Augenlied benetzt, verliebt man sich unsterblich in das Wesen, welches man nach dem Erwachen als erste Kreatur sieht. Inzwischen trifft Demetrius im Wald ein, wo er nach Lysander und Hermia sucht. Zuerst will er Lysander töten um sich dann selber von Hermia umbringen zu lassen. Auf was für Ideen die Leute kommen – unglaublich. Oberon, der Elf, bekommt das alles mit und gibt Puck eine weitere Aufgabe. Ja, ja, die jungen Leute brauchen auch etwas von dem Saft aufs Augenlied. Nur leider ist Puck überhaupt nicht multitasking fähig. Bringt alles durcheinander und jetzt bin ich raus …
Puck der Hofnarr verwandelt Nick Bottoms Kopf in den eines Esels und als der Weber auftritt fliehen all seine Freunde. Titania erwacht und verliebt sich in den Esel – DESHALB HIER DAS GANZE THEATER! Puck vergrößert das Chaos ins Unermeßliche, indem er Zaubersaft im Übermaß verteilt, muß es alles wieder gradebiegen und bringt zusammen was zusammen gehört: „Jeder Hengst kriegt seine Stute – alles Gute.“ Schluß und aus, ein Sommernachtstraum.
Titania wird etwas später ernüchtert aufwachen: „Ich liebte einen Esel ohne Scham.“
Ich glaub, Esel ohne Sommernachtstraum ist einfacher.
Bis 10 Uhr tut sich nichts. Mein erster Gedanke geht in die Richtung Vorwurf. So kommen die niemals auf einen grünen Zweig und wenn selbst die Landleute es derart gemütlich angehen lassen, sehe ich schwarz für La Grande Nation. Typisch deutsche Gedanken vielleicht, Gedanken, die mir nicht zustehen und die ich gern zu verscheuchen suche. Insgeheim dachte ich wohl doch, es könne jemand im Haus gewesen sein, der mich gestern am späten Abend noch nicht erwartet hatte und der morgens gern lange schläft. War ich wirklich ganz allein hier draußen, hat niemand mein Kommen bemerkt? Das Schöne an solchen Gedanken ist, sie werden oft schneller als gedacht von ganz alleine widerlegt, von Zauberhand zur Seite gewischt und so lange man sich der zum Glück unausgesprochenen Vorwürfe bewußt ist, darf alles was kommt, als freundlicher Fingerzeig des Schicksals begriffen werden, als Erinnerung und Mahnung, wie schnell und leichtfertig aus solchen Gedanken auch Vorverurteilungen und falsche Schlüsse gezogen werden. Ich fische etwas trockenes Brot aus dem Kofferraum und bevor ich mich auch nur umdrehen kann, steht der Esel von gestern Nacht wieder hinter mir und bedeutet mit einem Nicken seine Bereitschaft zur weiteren Nahrungsaufnahme. Mein Guter, du bist recht verfressen wie mir scheint. Woher weißt du eigentlich, was ich hier mache? Hat dir jemand gesagt, was es hier gibt? Bereitwillig stopfe ich ihm einige Stücken ins Maul und frage mich, welche Menge Futter wohl in einen Esel hineingeht, bis er selber denkt, jetzt wäre es genug. Ich fülle mir die Taschen mit Brot und gehe zu den anderen Tieren und während ich Leckerli verteile, kommt plötzlich ein kleines Auto auf den Hof und ich werde im breitesten Kanada-Englisch begrüßt. Gott sei Dank, denke ich, galt doch meine größte Sorge meinen nichtvorhandenen Französischkenntnissen. Was im Zusammensein mit dem Esel kein Problem sein würde, nur die ganze Vorbereitung, all die Erklärungen und Hinweise. Ich hatte Schlimmstes befürchtet und auch darüber hatte ich mir wieder viel zu viele Gedanken gemacht. Geht es etwa nur mir so?
Der Herr stellt sich als Vick vor, reicht mir sein Telefon und schon höre ich die Stimme von Marie, auf deutsch – noch so ein Fingerzeig – und kurz darauf streichle ich Balu über seinen Hundeschädel, werde ins Haus gelassen und bin dann wohl für einen Tag und die kommende Nacht der König des Hofs, der Herrscher über 26 Esel, einen hünenhaften Hund und Gänse und noch bevor ich überhaupt fragen kann, welcher Esel mich denn auf meiner Wanderung begleiten wird, stellt Vick mir Nassis vor, der gleich hinter uns her zur offenen Tür hinein mit ins Haus marschiert war. Na wir hatten uns ja schon kennengelernt. Und während Vick ihn mit lauter Stimme aus dem Hause jagd, schaut der Esel neugierig links und rechts, ob es nicht doch etwas gäbe, was im Rückwärtsgange noch zu erhaschen wäre. Dem schmeckts scheinbar gut.
Vick zeigt mir, wo ich die nächste Nacht schlafen werde, kocht Kaffee, packt mit mir zusammen das Gepäck auf den Esel und schon geht es auf zu einer ersten Proberunde. Ach wie schön, der Esel läuft. Denkste, zu früh gefreut. Erstmal 100 Meter und plötzlich steht er, der Esel stehen. Das fängt ja gut an. Über eine halbe Stunde lang tut sich nichts, wir stehen da und schweigen uns an. Zuerst versuche ich es mit Kreisen linksherum und rechtsherum, ein kräftiger Klaps auf den Hintern bringt natürlich nicht den gewünschten Effekt und als es mir zu bunt wird, gebe ich dann doch gleichbleibenden Zug auf den Führstrick. Man braucht für diese Variante viel Geduld und auch etwas Kraft, aber ich geh doch nicht jahrelang in die Muckibude um mir von einem Esel auf der Nase herumtanzen zu lassen. Der Führstrick ist straff gespannt und ich kann mir nicht vorstellen, daß das angenehm ist. Aber er hat die Wahl: Laufen oder in unbequemer Haltung stehen. Man muß bei der Übung aber sofort nachlassen, wenn der Esel eine Bewegung zeigt. Er täuscht dies auch zwei- dreimal an, doch auch diesen Trick kenne ich. Nach weiteren 10 Minuten gibt er auf, akzeptiert fürs erste, daß ich der Boss bin und folgt mir brav über die Dörfer.
Zwei Stunden später sind wir zurück und während es für mich Kaffee gibt, bekommt Nassis Trockenbrot. Balu beäugt mißfällig den Esel in der Küche und in diesem Moment fällt mir ein, daß ich nichts über die Stubenreinheit von Eseln weiß. Also hinaus mit dir, husch husch, geh zu deinen Artgenossen. In welcher Entfernung wohl grad der nächste Mensch zu finden wär? Die Tür geht auf und Vick kommt herein und wieder scheint die Welt kleiner als gedacht. Wir plaudern und warten auf Marie, die sich mit Pizzen angekündigt hat – der Abend vergeht wie im Flug. Marie ist klein, um die 50, hat lange blonde Haare und spricht wunderbar deutsch. Gemeinsam gehen wir die Route noch einmal durch, schauen wo es es Probleme geben könnte und wie diese zu umgehen wären, besprechen alles Notwendige und ich berichte von meinen bisher gemachten Erfahrungen im Umgang mit Eseln. Ganz unbeleckt bin ich nicht und nach dem heutigen Ausflug werde ich leicht optimistisch.
Ankunft in Le Plagnal/ Mas Lasseze 07590 auf dem Hof Les Mas Des Ânes von Marie-Ange Benoit um 20:30. Ein kalter Wind pfeift durch meine Sachen, weit und breit kein Mensch zu sehen und ich beschließe im Auto zu schlafen, zumal der Hofhund, ein riesiger Owtscharka, mich nicht so anguckt, als würde er mich freiwillig an sich vorbei in Richtung Haus lassen wollen. Er hat drei- viermal gebellt und wartet seitdem ruhig ab, ob ich mich für Distanz oder Kampf entscheide. Recht scheint ihm beides zu sein und ich muß dabei unweigerlich daran denken, daß man hierzulande meist zwei Hunde hält: einen der bellt und einen der beißt. Der Riese dort vor dem Haus tut bei Bedarf wohl beides. Aber wenn jemand da wär, hätte sein Gebell längst auf einen Ankömmling aufmerksam gemacht. Ich suche mir einen Stellplatz für das Auto, lehne den Sitz zurück und mache es mir gemütlich. Der Hund nimmt zum Glück keine weitere Notiz von mir und ich krieche in meinen Schlafsack. Ein erstes Urlaubsgefühl macht sich breit und ich überlege, welches der zahlreichen Grautiere, die ich von meinem Platz aus beobachten kann, mich wohl begleiten wird. In kleinen Gruppen stehen sie beisammen und fressen Stroh. Das Wetter macht ihnen offensichtlich nichts aus und während der Wind das Auto schaukelt werde ich müde und nicke ein, bis ein Geräusch mich aus meinen Träumen reißt. Irgendwas schleicht ums Auto und ich schrecke hoch, links nichts, rechts nichts und dann im Rückspiegel zwei Augen, die neugierig gucken. Gott sei Dank, nur ein freilaufender Esel. Müde drehe ich mich zur Seite und im nächsten Moment steht er auf der Fahrerseite und popelt am Außenspiegel. Ich schalte die Zündung ein, lasse die Scheibe herunter und habe sofort die samtweiche Eselnase in der Hand.
Na mein Freund, du bist ja gar nicht neugierig. Er riecht gut, nach Wind und Heu, frischem Gras und einer herrlichen Musknote. Ein dicker Brotkanten wechselt den Besitzer und ich bewundere die unglaublich flauschigen Ohren. Was für ein schönes Tier. Warum mein Freund läufst du draußen rum, während alle anderen in Koppeln stehen? Mit gespitzten Lippen sucht er, ob die Tüte, aus der das Brot kam, noch etwas mehr hergibt, was ihm vielleicht schmeckt. Vorsichtig streichle ihn unterm Kinn und mache einige Fotos. Nichts, was ihn abhält sich neugierig umzuschauen. Scheint ein echter Gemütsesel zu sein und während er seine neugierige Nase in meinen Schlafsack schiebt, schlafe ich wohlig eingehüllt ein. Sorgen habe ich nicht. Was stört mich der Wind. Mitten in der Nacht weckt mich dann eine Windböe plötzlich auf und ich bemerke das noch offene Seitenfenster. Fröstelnd mache ich für einen Moment die Heizung an und schließe das Fenster, bemerke, daß ich wieder beobachtet werde, schaue, ob ich in der Finsternis etwas erkennen kann. Dieses Gefühl, nicht alleine zu sein, hat keine bestimmt Richtung und ich vergewissere mich der verriegelten Türen, blicke mich ängstlich um und dann endlich entdecke ich in der Dunkelheit den auf der Beifahrerseite stehenden Esel, welcher mich unentwegt anschaut. Mußt du mir so einen Schreck einjagen? Die Umgebung hat etwas Unheimliches und ich schalte kurz das Fernlicht an, sehe den riesigen, friedlich schlafenden Hund und bin sofort wieder beruhigt. Solange der sich nicht rührt, droht garantiert keinerlei Gefahr. In Kürze sollte ich seinen Namen erfahren.